Fehlerkultur

Vor ein paar Tagen las ich diesen Spruch Laotses:
Zeige einem schlauen Menschen einen Fehler und er wird sich bedanken.
Zeige einem dummen Menschen einen Fehler und er wird dich beleidigen.

Das ist eine sehr interessante Beobachtung. Kurz, klar und knackig. Das Zitat hat mich angeregt, über Fehler nachzudenken.
Gerade in der Zahnmedizin kommen Fehler gar nicht gut an. Überhaupt in der Medizin. Wir wollen nicht, dass Ärzte und medizinisches Assistenzpersonal jemals Fehler machen. Im Studium wurden Fehler als Risiken abgehandelt, die anderen Kollegen passieren.

Und doch ist Fehler zu machen zutiefst menschlich.
Jeder macht Fehler, auch wenn das jetzt blöd klingt.

Unsere paar Sinne, unsere begrenzte Wahrnehmung, unsere ganzen rudimentären Denk-und Sprach-Werkzeuge sind so auf Mikro-Management ausgelegt, und das ist auch in Ordnung so. Wir müssen uns nur nicht unbedingt so viel auf unsere Fähigkeiten einbilden, und einkalkulieren, dass wir allein durch unsere Ausstattung als Menschen niemals fehlerfrei sein werden. Wieder mal fallen mir die Begriffe Dankbarkeit und Demut ein…

Wir Menschen in der sogenannten ersten Welt tun gewohnheitsmäßig so, als ob wir ganz genau wüssten, was wir tun, warum wir es tun, und als ob das, was wir tun, auch immer gelingt. Während ich das schreibe, kommt mir dieses Verhalten so unfassbar lächerlich vor, und das obwohl ich weiß, dass man umso erfolgreicher ist, je selbstbewusster man auftritt. Je selbstbewusster man auftritt, desto weniger Fehler passieren – auch das ist erforscht.

Was braucht es also?
Ein Milieu, in dem man Fehler zugeben darf? In dem die Antwort auf Fehler nicht Strafe sondern Unterstützung, Verständnis und Vergebung sind? In dem Lernen und Persönlichkeitsentwicklung einen höheren Stellenwert haben, als die Vermeidung von Peinlichkeit.

Eine Welt, in der der klügste Mensch seiner Zeit, Sokrates, nicht getötet wird, weil er die Wahrheit ausspricht.
Der Sokrates btw., der von sich selbst sagte „Ich weiß, dass ich nichts weiß.“

Was sagt Ihr?

 

 

2 Antworten auf “Fehlerkultur”

  1. Vorgestern war ich in Paris essen. Zu einer Person an unserem Tisch hat der Kellner gesagt, dass die Soße leider nicht perfekt geworden ist. Es tut ihm Leid. So etwas habe ich noch nie erlebt. Das war sehr sympathisch und ein Fehler, der unaufgfordert eingestanden wird, ist eigentlich schon gar kein Fehler mehr. Gestern waren wir in Paris in einem anderen Restaurant und ich habe das falsche Gericht serviert bekommen. Da hat sich der Kellner entschuldigt, die Köchin, die serviert hat auch, und zum Schluss nochmal der Kellner. Aber auf eine nette und nicht unterwürfige Art. Auch sehr sympathisch. (So wie die ganze Essengehkultur in Paris. Ich habe das Gefühl, der Kunde zahlt gern, weil es gut war und die Leute im Restaurant arbeiten gern für Leute, die gern bezahlen, weil sie zu würdigen wissen, was sie bekommen).

    Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar

Diese Seite verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden..