Seit der Veröffentlichung meines Romans Rauschliebe durfte ich wieder vermehrt an Gesprächen über das Recht auf Rausch, Co-Abhängigkeit, und die Folgen von Sucht auf sowohl die süchtige Person als auch auf deren Umfeld, teilnehmen.
Dabei tauchten immer wieder die Themen Feiern und fröhliches Beisammensein auf.
Es besteht eine relative Ratlosigkeit im Zusammenhang mit Feierlichkeiten oder gesellschaftlichen Zusammenkünften ohne Alkohol.
Wer eine eigene Kultur des Feierns und des Guten Lebensstils aufbauen möchte, wird sich von der allgemein etablierten „Feierkultur“, wie sie in Mitteleuropa gelebt wird, abwenden müssen.
Das bedeutet nicht nur, dass die Menschen, mit denen man auf eigene Art feiern könnte, erstmal gesucht und gefunden werden müssen, sondern auch, dass diese Menschen von einem großen Teil der Gesellschaft wenig Verständnis genießen.
„Feiern“ geht in unserer Welt nicht ohne Rauschmittel, Junkfood und / oder Tierleid.
Ich will für mich das Wort Feiern mit anderen Inhalten besetzen.
Feiern, zelebrieren oder einfach: Lebensrhythmus…
das Wort Feiern wurde wohl aus dem lat. Wort fira bzw. feriae „Festtage, Ruhetage“ entlehnt. Wir können dazu nehmen den Kontext von „Brot und Spiele“ bzw. die Durchstrukturierung der Gesellschaft („Staat“) wie sie wohl im „alten Rom“ erstmals auf dem europäischen Kontinent stattfand.
Das Gespenst von Rom geistert bis heute im „Gesellschaftssystem“ – es ist eine Art starres Baukastenprinzip: Schubladismus.
So ist „Arbeit“ nahezu ein Sklavendienst oder eine (sklavische) Pflicht und dann gibt es danach die Schublade Feiern (Feierabend).
Die Lebenszeit wird also mechanisiert, aus dem natürlichen Rhythmus herausgerissen, denn: was spricht dagegen den Moment, die Arbeit usw. zu feiern? – das Sein selbst zu zelebrieren oder einfach organisch dem eigenen Lebensrhythmus zu folgen ?
Kurz: wenn „Feiern“ im „römischen Sinne“ angelegt ist, ist eine künstlich geschaffene „Einrichtung“ als Ventil und da bietet es sich eben an, die Sau rauszulassen. Dazu gehören entsprechende „Konsumprodukte“ …
Zu der Betäubung durch abstumpfende, mechanisierte Arbeit(zeiten) kommt dann die betäubende Feierlichkeit …
Klar ist, daß durch eine solche „Kultur“ das Gegenteil von Gesundheit und auch das Gegenteil von Persönlichkeitsentfaltung „angeregt“ wird …
Es stellt sich also die Frage, welchen Inhalt wir dem Feiern geben möchten und ob nicht besser gefeiert werden sollte, wenn die Inhalte aus dem Leben selbst entstehen, statt programmatisch eine „Feier“ einzuberufen, deren Inhalte dann an den Haaren herbeigezogen oder als „Rollenspiel“ inszeniert werden …
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Ganz genau, Jürgen!
Ich freue mich über deine Ergänzungen – wie immer sehr wertvoll!
Den Vergleich mit einem Rollenspiel finde ich sehr treffend!
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