Wenn Sucht zu Kultur emporgehoben wird

Ich las im Zeitmagazin diesen Artikel von Jakob Pontius:
https://www.zeit.de/zeit-magazin/wochenmarkt/2021-02/trinken-corona-lockdown-alkoholkonsum-gesundheit-freiheit?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Ich las und innerlich nickte ich bis ich zum letzten Absatz kam und die persönliche Meinung des Redakteurs augenscheinlich wurde.
Und da verlor ich dann doch die Fassung!

Pontius plädiert für den „kontrollierten Kontrollverlust“ durch Alkohol, und lässt das auch noch nach verschmitzter „Rebellion“ klingen:

„Wenn die Welt schließt, die Kultur verstummt, das Reisen verboten wird oder wenigstens unangebracht ist, dann ist moderates Trinken ein letzter Zipfel Freiheit. Was vorher schon galt, wird jetzt noch einmal deutlicher: Kontrolle heißt nicht automatisch Verzicht, Leben nicht automatisch Gesundheit. Ich kann mich auch bewusst für eine maßvolle Dosis Gift entscheiden. Das ist meine trotzige kleine Rebellion gegen das notwendige Korsett der Corona-Einschränkungen: der kontrollierte Kontrollverlust.“

Wann immer das Trinken als „Symbol“ oder Stellvertreter für etwas anderes herhalten muss, ist Selbsttäuschung schon mit im Spiel.
Eine echte Rebellion wäre, sich dagegen zu entscheiden, sich weiterhin selbst für dumm zu verkaufen und eben nicht einem mittelmäßig forgteschrittenen Trick der Alkohol-Lobby in die Hände zu spielen, bzw. zu trinken.

3 Antworten auf “Wenn Sucht zu Kultur emporgehoben wird”

  1. Das ist noch die nächste Dimension, ja, lieber Grinsekatz.
    Ich persönlich kann sehr wohl kontrolliert trinken, weil Trinken mich einfach nicht anmacht.
    Menschen, denen das Trinken gleichgültig ist, silisieren es nicht als etwas „anderes“, oder bedeutungsvolles, sondern trinken ein Glas und messen dem überhaupt keine Bedeutung bei.
    Ein Moment wird durch den Alkohol weder bedeutungsvoller noch rebellischer, oder feierlicher.
    Das ist Selbst-Verar…e.

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  2. Das Problem ist ja – ich weiß nicht, wann der Punkt erreicht ist, an dem ich’s eben nicht mehr kontrollieren kann. Dann kann ich mich auch nicht mehr für die maßvolle Dosis Gift entscheiden.
    Bei mir funktioniert es nicht mehr – ich habe den ‚point of no return‘ hinter mir – alllmählich reingerutscht mit den Jahren.
    Ich hatte den Artikel auch gelesen – und mich drüber geärgert. Wenn das Rebellion sein soll, dann ist das eine etwas armseliges Rebelliönchen.
    Liebe Grüße
    Sabine vom 🕷 🕸

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